Ein tierisches Happy-End

Im Januar 2013 erwartete Hundepfoten SaarPfalz e.V. plötzlich eine, bis dahin ungewohnte und unbekannte, Aufgabe.

In Bexbach/Saarland war Rex entlaufen. Rex, ein deutscher Schäferhundmix, der in seiner Heimat Rumänien nicht viel Schönes in seinem Leben erlebt hatte. Durch deutsche Tierschützer kam er nach Deutschland und wurde aufgepeppelt und gesund gepflegt. Schließlich hatte unser Bemühen Erfolg und es konnten - durch die Präsentation in „es Heftche“ - Interessenten gefunden werden, welche sich letztendlich dazu entschieden dem Hund ein neues Zuhause zu geben.

Unglücklicherweise sah Rex in seiner Vermittlung nicht die Chance auf ein warmes, kuschliges Zuhause, sondern suchte – gleich am ersten Tag – sein Heil in der Flucht. Kaum in Bexbach angekommen nutzte er die Gelegenheit und sprang im Garten seiner neuen Familie über einen Zaun und lief davon.

Rex hätte sich keine schlechtere Zeit aussuchen können um seine Wanderschaft durch Bexbach anzutreten, denn es herrschten Minusgrade und Schnee und Eis waren seine Wegbegleiter. Auch für einen rumänischen Straßenhund sicherlich nicht die besten Bedingungen.

Und damit begann die große Suche – die Suche nach Rex, dem Wanderer.

Es wurden Plakate gedruckt, Behörden verständigt, Nachbarn informiert und Gott und die Welt rebellisch gemacht um bei der Suche nach Rex zu unterstützen. Hundepfoten SaarPfalz e.V. rückte mit einigen seiner Mitglieder an um den Hund zu suchen und einzufangen. Aber Rex war schlau und wollte nicht gefangen werden. Tage und Nächte vergingen, Sichtmeldungen wurde nachgegangen, Hundespuren im Schnee verfolgt und auf Karten eingezeichnet. So konnte ein Bewegungsprofil erstellt werden, welches uns zeigte: Rex hat seine feste Route und lebt!

Es wurde damit begonnen Futterstellen einzurichten, damit der Hund bei den Witterungsverhältnissen überleben konnte und nicht auf die Idee kam zu wildern. Denn nicht nur der Winter mit seinen Temperaturen und seinem Schnee und Eis war sein Feind, sondern auch der Jagdausübungsberechtigte war ihm nicht wohl gesonnen. Mehr als einmal drohte er uns damit den Hund zu erschießen, falls ihm dieser „vor die Flinte läuft“. Aber auch Wildschweinhorden und Autos gehörten nicht unbedingt zu seinen Freunden und lange konnte das Ganze nicht mehr gut gehen, zumal er bei seinen Wanderschaften mehrmals täglich die Bahnlinie kreuzte.

Doch nicht nur Hundepfoten SaarPfalz e.V. suchte den Hund, nein, es traten weitere Engel auf den Plan. Engel, ohne die Rex sicherlich nicht überlebt hätte. Engel, die mit Rex ursprünglich nichts zu tun hatten aber von seinem Schicksal berührt waren und sich übermenschlich bei seiner Suche engagierten und ohne deren Hilfe auch vieles nicht möglich gewesen wäre. Ohne speziell diese Engel würde Rex heute vermutlich nicht mehr leben.

Tage und Nächte verstrichen. Unzählige Male wurde Rex gesehen. Doch niemandem gelang es seiner habhaft zu werden. Der Hund war zu scheu. Nicht einmal seine ehemalige „Pflegemama“ konnte den Hund locken und greifen. Alle erdenklichen Versuche scheiterten. Somit konnte nur noch eine Lebendfalle helfen. Leider zählte eine solche Falle leider nicht zu Vereinsinventar und musste extern besorgt werden. Nachdem die erste Vorsitzende des Tierheims Homburg-Erbach, Frau Atina Peil, uns eine Absage erteilte, da sie ihre Falle in ihrem eigenen Garten zum Einfangen eines Wildschweines einzusetzen gedachte und es vorzog diese für sich zu behalten, konnte schließlich im Tierheim Worms eine große Lebendfalle organisiert, abgeholt und aufgestellt werden.

Jetzt hieß es warten, hoffen, bangen. Jeden Abend wurde die Lebendfalle neu mit kulinarischen Köstlichkeiten gefüllt – von Leberwurst über Pansen, von Bratwurst bis Eisbein, von Trockenfutter bis zur Ochsenschwanzsuppe. Und siehe da, jeden Abend kam Rex zu seiner Futterstelle an und in der Falle und wurde mit jedem Tag mutiger. Nachdem er am Anfang die Falle nur von außen misstrauisch beäugt und beschnuffelt hatte, ging er Tag für Tag tiefer in sie hinein – allerdings die weit genug um den Auslösemechanismus zu betätigen. Verzweiflung machte sich unter uns allen breit und Gebete wurden zum Himmel geschickt. Stunden um Stunden wurden mit der Beobachtung der Falle verbracht und des Nachts musste alle zwei Stunden die Falle kontrolliert werden, denn Rex hätte bei dieser Witterung keine ganze Nacht in der Falle gefangen überlebt.

Alle zwei Stunden nach Bexbach fahren, Falle kontrollieren, zurück nach Hause ins Bett, eine halbe Stunde schlafen, aufstehen, wieder nach Bexbach fahren (bei jedem Wetter) und dann zur Frühschicht….... Ein zermürbendes Treiben auch für die Helfer.

Und dann, nach 16 Tagen Hoffen und Bangen, klingelte am 20.01.2013 um 01:08 Uhr, das Handy. Ein Engel flüsterte ins Telefon „Ich stehe neben der Falle. Der Hund ist drin. Wir haben Rex!“. Erst nach der dritten Nachfrage war es zu glauben: Wir hatten Rex. In Windeseile ging es dann nach Bexbach, wo dieser tatsächlich in der Falle ruhte und uns ängstlich anstarrte. Sofort wurde die Falle, zusammen mit Rex, ins Auto verladen und in warme Räume gebracht. Dort durfte er dann seine erste Nacht, nach 16 Tagen in der Kälte, am Fußende eines Bettes verbringen.

Am Tage darauf, nachdem dann seine Engel Abschied von ihm genommen und ihn mit besonderen kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt hatten, konnte Rex dann den Rückweg in seine Adoptivfamilie antreten, in der er unter Tränen und mit offenen Armen und Herzen empfangen wurde.


Rex, du hast uns alle berührt. Wir haben mit Dir gefiebert, schlaflose Nächte Deinetwegen verbracht, Stunden um Stunden mit Deiner Suche zugebracht, Tränen vergossen, unsere Familien während Deines Ausfluges für unsere Suche vernachlässigt, uns die Zehen und Finger halb abgefroren, Gebete zum Himmel geschickt und so vieles mehr. Aber es war es wert. Du lebst und bist wieder in Deinem warmen Zuhause. Wir alle freuen uns für Dich und wünschen Dir und Deinen Adoptanten alles erdenklich Gute für eure gemeinsame Zukunft.



Zu guter Letzt – wer waren Deine Engel?


Unser besonderer Dank gilt:

Frau Claudia Schaub, ein Engel der besonderen Art. Angestellte der Stadtwerke Bexbach. Sie hat Tag für Tag, Stunde um Stunde, nach dem Hund Ausschau gehalten - Stunden nach Feierabend in der Firma verbracht, Leckerlis gekauft und Tränen vergossen. Frau Schaub hat für uns die Tore der Stadtwerke geöffnet, so dass wir dort die Lebendfalle aufstellen konnten und letztendlich war sie es, deren aufopfernde Bemühungen im Betrieb und bei der Suche den Ausschlag zum Erfolg gaben. Ein kleiner Engel mit riesengroßen Flügeln.

Frau Claudia Borzik, Angestellte der Stadtwerke Bexbach. Wie Frau Schaub hat sie Stunde und Stunde in den Stadtwerken verbracht, gebetet und gehofft. Täglich ist sie nach Feierabend noch geblieben und hat unermüdlich unsere Suche unterstützt. Auch ohne sie hätten wir es vermutlich nicht geschafft. Letztendlich war es ihre Tochter Selina, die nachts ins Telefon flüsterte: „Wir haben Rex“. Selina, der es wichtiger war zu helfen und in dieser Samstagnacht die Falle zu kontrollieren, statt mit ihren Freundinnen in die Disco zu gehen.

Frau Karin Andel, freie Tierschützerin, die jeden Tag – teilweise mehrfach – aus dem Bereich Kusel gefahren kam und unermüdlich gesucht hat. Sie hat den größten Teil ihres Tages in Bexbach verbracht, jede Menge Futter gekauft und Köstlichkeiten als Köder zubereitet. Allein die Kosten für Benzin lassen Schwindelgefühle aufkommen. Frau Andel war mehr als einmal der Verzweiflung nahe und wir hatten Angst, dass sie aus Sorge um Rex um Jahre altern würde.

Dem Team der Stadtwerke Bexbach für ihre Mithilfe und Unterstützung in jeglicher Art, insbesondere der Leitung des Unternehmens für die Erlaubnis auf deren Gelände die Falle stellen zu dürfen.

Den Mitarbeitern und der Leitung der Spedition Emons in Bexbach. Auch sie haben unermüdliche Bemühungen gezeigt und uns immer mit Sichtmeldungen auf dem Laufenden gehalten.

Dem Tierheim Worms, die uns unentgeltlich die Lebendfalle zur Verfügung gestellt haben, ohne die das Einfangen von Rex unmöglich gewesen wäre.

Dem Team der Geschwister Michaely vom Tierheim Homburg, die uns begleitet haben und uns, nicht wie ihre erste Vorsitzende, stets mit Rat und Tat zur Seite standen.

Unseren Mitgliedern von Hundepfoten SaarPfalz e.V. die ihre Freizeit für die Suche geopfert haben und ihren Angehörigen, die sie deswegen teilweise tagelang kaum zu Gesicht bekamen.

Allen, die mit uns gefiebert und für Rex gebetet haben. Allen, die uns Sichtmeldungen zukommen ließen und die Augen offen hielten. Zuletzt aber auch dem Jagdausübungsberechtigten, der seiner Drohung keine Taten folgen ließ und Rex doch nicht erschossen hat.


Vielen, vielen Dank.



Nachtrag:

Nach unseren neuen Informationen handelte es sich bei dem angeblichen "Jagdausübungsberechtigten" um einen Hochstapler, welcher sich als solcher ausgab, obwohl er tatsächlich keine Jagdberechtigung mehr inne hatte. Wir entschuldigen uns damit, auch auf diesem Wege, bei den tatsächlichen Jagdausübungsberechtigten, die sich inzwischen bei uns gemeldet haben und ihrerseits uns Unterstützung für die Zukunft angeboten und versprochen haben niemals auf einen Hund zu schießen.